In meinem Buch „Der Weg der Stoa in der Führung“ (siehe hier) habe ich mich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Entwicklungsprozesse, sei es auch individueller Ebene, in Beziehungen, Teams oder ganzen Organisationen beschrieben und analysiert werden können. Im Rahmen dieser Überlegungen zeigte sich, dass es frappierende Strukturähnlichkeiten zwischen der Beschreibung überindividueller Systeme wie Teams oder Organisationen durch die moderne Systemtheorie Niklas Luhmanns und der Beschreibung individueller Systeme, wie Personen, in der Entwicklungstheorie der antiken Stoa gibt. Ich habe diese strukturähnlichen Sichtweisen in meinem Buch „systemisch-syntaktisch“ genannt, da es sich in beiden Fällen um eine systemische Sichtweise handelt, welche ebenfalls in beiden Fällen um eine syntaktische, also eine strukturelle Sichtweise ergänzt wird. Mithilfe dieser „systemisch-syntaktischen“ Sichtweise lässt sich somit eine Systemebenen übergreifende Sichtweise auf die Phänomene Organisation, Team, Dyade und Person gewinnen, welche es zum ersten Mal erlaubt, konsistent in ähnlicher Art und Weise über alle diese Ebenen zu sprechen. Hierbei bietet diese Sichtweise nicht nur eine statische Struktursicht, sondern erlaubt zusätzlich auch ein Systemebenen übergreifendes Verständnis von Entwicklungsprozessen, wie sie z. B. in den Arbeiten von Martin Permantier und Susanne M. Zaninelli sowie Christoph Jan Kramer zu finden sind.
Hinzu kommt, dass mit dieser Sichtweise auch ein neues Verständnis von Führung abgeleitet werden kann, welches Führung funktional und sie selbst als „syntaktisches Spannungsmanagement“ verstehen lässt. Führung erscheint in dieser Sichtweise als ein Steuerungssystem, welches jeweils neben Systeme wie Organisationen, Teams oder Dyaden tritt und hier die Funktion erfüllt, „syntaktische Spannungen“ zu managen. Dieses Spannungsmanagement ist daher von Bedeutung, da die „syntaktischen“ Elemente von z. B. einer Organisation (z. B. Ziele, Personen, Strukturen, …) von entscheidender Bedeutung für organisationale Entscheidungen sind. Sie sind in gewisser Hinsicht die Legitimationsquellen für organisationale Entscheidungen. Wenn diese Quellen, Luhmann nannte sie Prämissen, jetzt aber in Spannung geraten, wird die Anschlussfähigkeit von Entscheidungen in Organisationen erschwert. Führung garantiert in dieser Situation dann, dass diese Spannungen wieder in ein gutes Verhältnis gebracht werden und somit der Fortgang organisationaler Entscheidungen gesichert bleibt.
Das gesamte Rahmenwerk dieser Art auf Systeme zu schauen sowie mit ihnen zu arbeiten habe ich abschließend in meinem Buch unter dem Namen „Systemische Kohärenzdynamik“ (SKD) zusammengefasst. Dieser Ansatz ist hierbei sowohl theoretisch fundiert und klärend als auch praktisch äußerst instruktiv und handlungsanleitend. Ich freue mich daher sehr, in Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Johannes Schulte Beckhausen zwei Seminare zur SKD in diesem Jahr anbieten zu können. Alle Infos zu diesen Seminaren finden sich hier.
In Kürze werde ich für diese Seminare auch noch zwei FAQ-Termine anbieten. Diese werden am 14.04.25 um 18:00 Uhr und 19.05.25 ebenfalls um 18:00 Uhr stattfinden.